Armut und Perspektivlosigkeit in den Regionen Katalonien und Valencia breiten sich aus
Das Feuer, das in der Region Katalonien im Nordosten Spaniens in den letzten drei Tagen seit Sonntag, 22.07.2012, bereits vier Tote und mehr als 20 Verletzte gefordert hat dürfte trotz aller lokalen Dramatik die kleinste Sorge der Spanier sein. Denn die betroffene Region trägt sehr viel zur Wirtschaftsleistung des Landes bei und ist dabei chronisch unterfinanziert, genau wie die etwas südlicher gelegene autonome Region Valencia, deren Regierung schon seit langer Zeit zahlungsunfähig ist. Katalonien hat 2011 einen Schuldenberg von 42 Milliarden Euro ausgewiesen (rund 30% aller Schulden der spanischen Autonomiegemeinschaften), Valencia will allein 2012 eine Kürzung der Haushaltsausgaben in Höhe von 1,057 Milliarden Euro vornehmen.
Und auch hier ist der Ausgangspunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise schon bei eine kurzen Fahrt über das Land sichtbar.
Neben den Bausünden an der mehrere hundert Kilometer langen Küste, die man am krassesten im Hochhausgewirr des massentouristisch geprägten Benidorm betrachten kann, zieht sich vielerorts ein Gürtel von erschlossenen Straßenketten, halbfertigen und fertigen, unverkäuflichen Wohnungen und Häusern entlang. Zum Teil wird an den Urbanisationen noch gearbeitet. Schilder in meist englischer Sprache preisen zwei Zimmer Wohnungen mit Meerblick, Terrasse, Gemeinschaftspool und kompletter Inneneinrichtung für unter 50.000 Euro an, vorher kosteten sie das Doppelte.
Es ist als ob die Spanier auch fünf Jahre nach dem Ende des Baubooms nicht begreifen wollten, dass das Geschäft mit dem stückweisen Verkauf der schönsten Ecken ihres Landes nicht mehr funktionieren will.
Dabei stehen neben den 3,5 Millionen unverkäuflichen Häusern und Wohnungen in Spanien noch nahezu ganzjährig die meisten der Millionen von Ferienimmobilien leer. Meist werden sie nur wenige Wochen im Jahr überhaupt genutzt. Ein Unding und ein unglaublicher Umweltverbrauch, besonders wenn man bedenkt, dass die meisten Spanier der Region ein Durchschnittseinkommen von rund 1000 Euro monatlich haben. Nur in Valencia und Alicante ist das Salär ein wenig höher. Damit kann sich ein Großteil der Einheimischen eigentlich gar nichts leisten, am allerwenigsten ein Haus mit Pool oder eine Wohnung mit Meerblick. Im Gegenzug wirken viele Viertel wie zum Beispiel die Urbanisationen bei Torrevieja selbst im Juli wie ausgestorben, weil hier auch tatsächlich kaum jemand wohnt.
Sieht man überhaupt mal jemanden, ist es meist kein Spanier. Die Spanier tauchen in den Ferienurbanisationen überhaupt nur auf, um Reparaturen vorzunehmen, oder das Haus oder den Pool zu reinigen.
Die Armut der Region Valencia zeigt sich aber auch vor allem im Bildungsbereich. Insgesamt sind hier 225.000 Schüler an 450 Schulen von anstehenden Schließungen betroffen. Aber damit nicht genug, auch die Guarderias, die Kindergärten für die Kleinsten sind betroffen. Überall sieht man Graffitis und Plakate, die gegen Schließungen protestieren. So auch in der kleinen Gemeinde Los Montesinos, die etwas mehr als 5.000 Einwohner hat: Hier werden aktuell Unterschriften gegen die Schließung eines staatlichen Kindergartens gesammelt.
Viele Jugendliche lungern rund um die Plaza Espana herum, weil sie eben wie ihre Altersgenossen im restlichen Spanien nichts zu tun haben.
Da nützt es auch nichts wenn es die Touristen ins nahe gelegene Elche lockt wo der historische Dattelpalmengarten inzwischen Weltkulturerbe ist und die Kathedrale mit ihrer blauen Kuppel von der maurisch-christlichen Vergangenheit erzählt. All die Schönheiten der Region ändern nichts an der Lage der Einheimischen. Sie haben kaum Anteil an dem Reichtum ihres Landes, an der Schönheit der verbliebenen Natur und an dem guten Leben, dass die Besucher genießen können.
Besonders die Jugendlichen haben überhaupt keine Perspektive. Die Jugendarbeitslosigkeit hat sich zum Flächenbrand ausgebreitet, der wohl nicht so schnell wie die aktuellen Waldbrände zu löschen sein wird. Vielmehr gibt es immer mehr Proteste der Betroffenen, die sich von den Indignados, den Empörten, weit mehr vertreten fühlen als von ihrer Regierung, die die Banken rettet und das Volk sparen lässt.