Die Empörten fordern permanentes Wahlrecht im Netz – fatal für die Etablierten?
Nach dem Vorschlag von Democracia Real ya in Madrid sollen die Wahlberechtigten demnächst im Netz wählen können. 100.000 Wähler könnten dann jeweils einen Sitz im Parlament direkt bestimmen.
Die Erklärung der Empörten ist logisch: Warum sollen die Wähler nur alle vier Jahre ihre Stimme abgeben wenn die technischen Möglichkeiten des Internets es erlauben permanent abzustimmen?
Die Antwort ist natürlich ebenso einfach: weil die etablierten Politiker an der Macht bleiben wollen.
Schließlich, so argumentiert die Bewegung, können die Steuern ja auch im Internet bezahlt werden und die Deputierten in Spanien können online abstimmen, ohne vor Ort im Parlament zur sein. Warum sollte also nicht quasi synchron gewählt werden?
Democracia Real ya hat, um einen Mechanismus für die Internetwahl zu etablieren, die Gruppe Democracia 4,0 gegründet. Sie soll dafür sorgen, dass jeder Wahlberechtigte jederzeit wählen kann, so oft er will. Alle, die im Netz wählen, sollen nach ihrer Anzahl proportional zu den konventionellen Wählern im Parlament vertreten sein. Eine Demoversion der Internetwahlseite gibt es bereits bei Twitter unter dem account @demo4punto0. Die von Politikwissenschaftlern entwickelte Seite hatte in zwei Wochen immerhin 100 000 Besucher und wurde bereits übersetzt und in Deutschland weiter verbreitet. Anfragen zu der Seite gibt es außerdem aus Belgien, Italien, Frankreich, Chile und Kolumbien.
Doch kann es im Sinne von etabliertem Politkern sein, dass sie bei Fehlverhalten, nämlich immer dann, wenn sie mehr ihre eigenen Interessen vertreten, als die Wünsche ihrer Wähler, sofort per Mausklick abgestraft werden? Was würde passieren, wenn die Direktwahlseite zum Beispiel auf den Balearen zum Einsatz käme? Die Volksvertreter, die sich in den vergangenen Legislaturperioden dort vier Jahre lang die Taschen vollgemacht haben, müssten schnell ihren Hut nehmen. In der Vergangenheit mussten sie sich lediglich beeilen ihre Taschen vor den nächsten Wahlen voll zu machen.
Die Politiker müssten sich plötzlich daran halten, was sie vor den Wahlen versprochen haben. UNVORSTELLBAR UND FATAL.
Fatal für Spaniens Politiker und fatal auch für unsere Wendehals-Pastorentochter Angela aus der Uckermark. Ach Du liebe Güte, sagen die CDU-Wähler: jetzt will die auch noch einen Mindestlohn…
Niemals in der Geschichte ihrer Partei hat jemand so etwas gefordert, geschweige denn vor den Wahlen versprochen. Das Gleiche gilt für die ATOMWENDE.
Also Frau Merkel, was halten sie von direkter und permanenter Wahl im Netz? Oder ist ihnen das zu gefährlich? Da droht dann doch die Abwanderung ihrer konservativen Wähler, nicht wahr?
Wir sind sicher, Angela Merkel wird von der Direktwahlmethode begeistert sein, aber natürlich erst wenn „sich die Märkte beruhigt haben“, nach dem übernächsten Rettungsschirm, oder so. Eventuell auch zufällig am Ende ihrer Legislaturperiode. Wäre ja nicht das erste Mal, dass sie ihre Meinung ändert.
Ungemach in Form von Demokratieforderungen aber droht der Kanzlerin und ihren undemokratischen Kollegen in Spanien, Frankreich, Italien und anderswo, indes nicht nur von Spaniens Vertretern von Democracia Real ya. Nein international formieren sich die Piratenparteien und die machen vor, wie es geht mit der echten Demokratie. Zum einen machen sie Online-Umfragen, um die Stimmung an der Basis zu ergründen und zum anderen können die einzelnen Parteimitglieder beim sogenannten Liquid Feedback online ihre Stimme zu Anträgen abgeben und eigene Themenvorschläge einbringen.
Für Merkel und Co wäre so etwas in der eigenen Partei eine Katastrophe, denn was die Dame und ihr französischer Kollege von Demokratie halten, wissen wir spätestens nach ihrer Reise zu Papandreou nach Griechenland, als beide zusammen das Referendum der Griechen zu verhindert wussten.
Da haben sie ihren Willen noch durchgesetzt.
Aber global gesehen wird es langsam eng für die Gegner der neuen Demokratiebewegung.
In Deutschland feierte die Piratenpartei in Berlin ihren ersten großen Wahlerfolg, in Spanien tritt die dort 2006 gegründete Partei jetzt zum ersten Mal bei den Parlamentswahlen an und international über die ganze Welt verstreut gibt es bereits 62 aktive Piratenparteien, die man alle über die internationale Site der Piraten unter http://www.pp-international.net/ im Internet finden kann.
Mit einer Direktwahl im Netz droht der absolute Umsturz – eine Umverteilung von Macht und im Endeffekt auch von Geld.
Die Herrschenden wissen das, aber die Demokratiebewegung auch.